Grundlagen & Wissen

Potenzierung in der Homöopathie


Ulrike Schlüter - Heilpraktikerin

Inhaltliche Betreuung
Ulrike Schlüter - Heilpraktikerin


Bei der Anwendung homöopathischer Mittel steht direkt nach der Mittelwahl die Frage nach der geeigneten Potenz im Vordergrund. Welche Potenz ist für akute/chronische Erkrankungen oder für die Selbstbehandlung bzw. die Behandlung durch Therapeuten geeignet?

Homöopathische Arzneimittel werden gemäß dem Homöopathischen Arzneibuch (HAB) mit der Methode der Potenzierung bzw. Dynamisierung hergestellt. Vereinfacht gesagt: Ausgangssubstanzen werden in verschiedenen Schritten „verdünnt und verschüttelt“.

D-, C- oder LM-/Q-Potenzen sind in bestimmten Verhältnissen verdünnt. Die Zahl hinter der Potenzstufe gibt die Anzahl der Potenzierungsschritte an.

Der Vorgang des Potenzierens

Bei der Herstellung eines homöopathischen Mittels wird der Ausgangsstoff (Pflanze, Mineral, Tier, chemische Elemente, Stoffgemische oder Nosoden) schrittweise verdünnt. Nach dem Begründer der Homöopathie Samuel Hahnemann erfolgt durch die spezielle Art der Verdünnung eine Wirkverstärkung (Potenzierung) der Ausgangssubstanz. Je mehr die Ausgangssubstanz potenziert ist, desto stärker ist die Wirkung.

Ursprünglich verdünnte Hahnemann die Ausgangsstoffe um potenziell gefährliche Stoffe wie zum Beispiel Arsen als Heilmittel verwenden zu können. Mit jedem Verdünnungsschritt wird der Anteil an der Ausgangssubstanz verringert, bis irgendwann kein Molekül der Ursubstanz mehr nachweisbar ist. Im weiteren Verlauf seiner Arbeit ging er dazu über, bei der schrittweisen Verdünnung die Arbeitssubstanz zu verschütteln. Beim Verschütteln wird die Substanz mit der Hand gegen einen harten Gegenstand – zum Beispiel einen Lederblock – geschlagen. Hahnemann stellte fest, dass so die Wirkung noch verstärkt werden kann.

Welche Potenzen gibt es?

In Deutschland sind bei Laien und Therapeuten folgende Potenzen homöopathischer Arzneimittel gebräuchlich:

  • D-Potenzen (Verdünnung 1:10)
  • C-Potenzen (Verdünnung 1:100)
  • LM-/Q-Potenzen (Verdünnung 1:50.000)

Die Potenzen werden nach ihrer Wirkung häufig in niedrige und hohe Potenzen unterteilt.

Die Anwendung niedriger Potenzen wird für die Selbstbehandlung von Laien empfohlen. Hohe Potenzen erfordern viel praktische Erfahrung in der Beurteilung des Krankheitsverlaufs unter der homöopathischen Behandlung und werden daher vor allem von erfahrenen homöopathischen Ärzten und Heilpraktikern sowie von gut ausgebildeten Laien angewendet.

Niedrige Potenzen bei akuten, organischen Erkrankungen

Hauptsächlich auf das erkrankte Organ wirken vor allem die niedrigen Potenzen bis D24 bzw. bis C24. Sie wirken nur selten ganzheitlich auf den gesamten Organismus und sind daher für Laien leichter anzuwenden. Sie können häufiger gegeben werden und erfordern nicht so viel Erfahrung bei der Verlaufsbeurteilung.

Hohe Potenzen bei chronischen oder psychischen Erkrankungen

Hohe Potenzen ab D30/C30 und LM/Q werden aufgrund ihrer tiefen und ganzheitlichen Wirkung vor allem bei chronischen Erkrankungen von erfahrenen Homöopathen angewendet.

Hohe Potenzen wirken nicht so stark organbezogen sondern eher ganzheitlicher. Körper, Seele und Geist reagieren auf Reize durch hohe Potenzen wesentlich umfassender. Die Reaktionen von Körper, Seele und Geist sind oft nicht so deutlich, sondern feiner und subtiler. Das macht es für Laien schwierig, den Krankheitsverlauf zu beurteilen.

Hohe D- und C-Potenzen wirken lange, meist etwa 4 bis 6 Wochen. Während dieser zeit müssen die Beschwerden regelmäßig und sehr genau beobachtet werden, um die Reaktion des homöopathischen Mittels gut einzuschätzen und zu entscheiden, wann das Mittel erneut gegeben werden sollte oder wann ein Mittelwechsel nötig ist.

Hohe LM- bzw. Q-Potenzen wirken etwa 1-2 Tage und müssen entsprechend öfter als hohe C-Potenzen eingenommen werden. Sie sind besonders zur begleitenden Behandlung geeignet, wenn weiterhin regelmäßig andere Arzneimittel eingenommen werden müssen. Durch die häufige Gabe der LM- bzw. Q-Potenzen werden Sie in ihrer Wirkung in der Regel nicht durch andere Arzneimittel gestört.

LM-/Q-Potenzen zeichnen sich dadurch aus, dass sie durch eine milde Arzneimittelwirkung nur selten Erstreaktionen hervorrufen. Sie können häufig wiederholt werden und erlauben eine individuelle Anpassung der Dosierung während der Erkrankung.

Häufig gestellte Fragen zu den Potenzen

D6 oder C3? D30 oder C30? LM oder C? Welche Potenz ist stärker? 

Oft wird gesagt, dass zum Beispiel die Potenz D6 von der Wirkung her der Potenz C3 entspricht. Möchte man homöopathische Arzneimittel bezüglich ihrer Wirkung vergleichen, ist die Anzahl der Potenzierungsschritte maßgebend. Anhand dem stofflichen Gehalt können homöopathische Mittel nicht verglichen werden. Somit ist dieser Vergleich der Potenzen D6 und C3 nicht richtig.

Vergleicht man Arzneimittel mit der gleichen Anzahl an Potenzierungsschritten aber unterschiedlichen Verdünngsverhältnissen wie zum Beispiel die Potenz D30 mit der Potenz C30, sind im Bereich der tiefen Potenzen noch Unterschiede in der Wirkung zu erwarten. Je mehr Verdünnungsschritte, desto mehr nähern sich die D- und die C-Potenzen in ihrer Wirkung an. So sind zum Beispiel die Wirkungen einer D30-und einer C30-Potenz schon sehr ähnlich.

LM-/Q-Potenzen sind zwar auch verdünnt und verschüttelt, entfalten aber eine gänzlich andere Wirkung und können daher mit D- oder C-Potenzen überhaupt nicht verglichen werden.

Ab welcher Potenz ist kein Molekül der Ursubstanz mehr enthalten? 

Bei den tieferen Potenzen sind teilweise noch vereinzelt Moleküle des ursprünglichen Ausgangsmaterials enthalten.

Rein rechnerisch ist nach der Avogadro-Konstante ab diesen Potenzen nichts mehr von der Ursubstanz im homöopathischen Mittel enthalten:

  • Ab D24 aufwärts
  • Ab C12 aufwärts
  • Ab LM4 aufwärts

Wie lange wirken die verschiedenen Potenzen?

Je höher eine Potenz ist, desto länger und tiefgreifender wirkt sie. Ein Mittel in der Potenz D6 wirkt danach längst nicht so lang und tiefgreifend wie das gleiche Mittel in der Potenz C30.

Es kommt aber auch noch darauf an, ob ein Mittel bei einer akuten oder einer chronischen Erkrankung gegeben wird. Belladonna C30 wird bei einer akuten Erkrankung nicht so lange wirken wie zum Beispiel Pulsatilla C30 bei einer chronischen Erkrankung.

Die LM-/Q-Potenzen können bezüglich der Wirkungsdauer nicht mit den D- oder C-Potenzen verglichen werden. Sie werden mit sehr viel mehr Verdünnungsschritten hergestellt und im Vergleich mit D-/C-Potenzen könnte eine noch viel längere Wirkungsdauer erwartet werden. Tatsächlich wirken LM-/Q-Potenzen sehr tiefgreifend, aber auch relativ kurz. Ein Arzneimittel in der C30 bei einer chronischen Erkrankung wirkt etwa 4 bis 6 Wochen. Eine tiefgreifende Wirkung könnte bei der gleichen chronischen Erkrankung auch mit einer LM18-Potenz des gleichen Mittels erreicht werden, dazu müsste das Mittel jedoch alle 1 bis 3 Tage eingenommen werden.

Was ist der Unterschied zwischen LM- und Q-Potenzen?

Das Verdünnungsverhältnis beträgt sowohl bei den LM- als auch bei den Q-Potenzen 1:50.000. Unterschiede finden sich beim Herstellungsprozess. Q-Potenzen werden mittels Verreibung aus der Ursubstanz hergestellt. Für die Herstellung der LM-Potenzen wird zunächst eine Urtinktur des Ausgangsstoffes hergestellt und aus dieser gehen dann die weiteren Verdünnungsschritte hervor. Durch diesen Zwischenschritt bei der Herstellung wirken LM-Potenzen energetisch etwas niedriger als die Q-Potenzen.

Welche Potenzen bei Kindern?

Grundsätzlich sind alle Potenzen auch bei Kindern zur Behandlung geeignet.

Kann an Stelle einer D-Potenz auch eine C-Potenz oder umgekehrt genommen werden?

Die Frage nach der richtigen Potenz stellt sich oft bei akuten Erkrankungen. Wenn man zum Beispiel dem Kind bei Fieber schnell helfen möchte und das richtige Mittel zwar zuhause hat, aber nicht in der empfohlenen Potenz. Bei der Abwägung, das Mittel in der fehlenden Potenz in der Apotheke zu besorgen oder das Mittel in der vorhandenen Potenz zu geben, herrscht oft große Unsicherheit.

Da die homöopathische Wirkung durch die Anzahl der Potenzierungsschritte (D6 oder C6) bestimmt wird und erst in zweiter Linie durch das Verdünnungsverhältnis (1:10 bei D-Potenzen oder 1:100 bei C-Potenzen), kann eine D-Potenz auch durch eine C-Potenz ersetzt werden. So kann bei einer akuten Erkrankung für dieselben Symptome die D6- oder die C6-Potenz eines Mittels bzw. die D12- oder C12-Potenz eingenommen werden.

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